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CORPORATE & CULTURE

Wandel mit breitem Stand

by Pascal Sperger | Lesezeit: 6 min | April 2022

Challenge the Challenge

Wie wir uns von A nach B bewegen, ist die eine Seite. Wie wir miteinander kommunizieren, wie wir Entscheidungen treffen, wie wir Mitarbeitende fördern und fordern, wie wir Wertschätzung transportieren oder den Geschäftserfolg bzw. die Notwendigkeit des Kampfes gegen den Klimawandel definieren, welche Maßnahmen wir dafür setzen und welche Werkzeuge wir wählen, die andere. Gemeinsam haben alle diese Aspekte den Nenner der Kultur: So steht die Unternehmenskultur im Kontext des Firmenfuhrparks im direkten Zusammenhang mit dem Kulturgut Auto und dem emotionalen Thema Mobilität. Die aktuelle Mobilitätswende hingegen ist DIE Chance, sich als Unternehmen in vielen Bereichen völlig neu aufzustellen – auch weil die Mitarbeitenden die Transformation in Richtung Nachhaltigkeit voll unterstützen und die Chefs erkennen, dass bald alles ein „climate job“ sein wird.

Es ist einfach schön, weil schön einfach: Ändern sich in einem Bereich jahrhundertealte Strukturen, Bedürfnisse und Ansprüche, dann werden auch die anderen Abteilungen wachgerüttelt. Erst recht, weil die Menschen, die am Steuer sitzen, mit ihren Erfahrungen quasi live von der Transformation vom konventionellen zum emissionsfreien Antrieb berichten. Und damit als Multiplikator für die erdachte Vision und gelebte Realität des Unternehmens fungieren. Flurfunk über Ladeweile, Kantinenknatsch wegen Modellauswahl, Chefetagen-Communiqué zur Nachhaltigkeitsstrategie oder Fuhrparkmanager-Fun-Facts zu den neuen Sharing-Fahrzeugen. Alles ist verwoben, kein Aspekt eine Insel. Auswirkungen auf Prozesse, Strukturen und Mitarbeiter sind deshalb unvermeidbar – und absolut erwünscht, schließlich will man die besten Köpfe auch für den Wandel und die Konstante der Veränderung sensibilisieren und begeistern.

Wieso? Weil jede Firma ein Netzwerk ist, das seine Fühler und Wurzeln in alle Richtungen ausstreckt. Deshalb wird der interne Change Prozess auch immer über zwei besonders mächtige Visitenkarten eines Unternehmens – die Mitarbeitenden und die Firmenwagen – ins Umfeld von Kunden, Konsumenten und Konkurrenten getragen. Und damit werden wiederum Keimzellen geschaffen, die einen gesamtgesellschaftlichen Wandel in Richtung emissionsfreier Mobilität beschleunigen. Der Mensch ist bekanntlich auch ein Herdentier – und Erfolg erwiesenermaßen ansteckend. Heißt also: Wenn’s hier läuft, funktioniert’s auch anderswo.

Christian Clerici, Alfred Wurmbrand, Paul Leitenmüller, Andreas Tschas, Andreas Kral

Transformationen überlagern sich

Wie die Themen „Unternehmen“ und „Kultur“ im Rahmen des Wandels unseres Energie- und Mobilitätssystems miteinander verwoben sind, das stand im Zentrum des dritten Panels „Corporate & Culture“ auf dem von vibe und Audi veranstalteten Talk-Event „Challenge the Challenge“ im Wiener „Audi House of Progress“. Diesmal sprach Moderator Christian Clerici* mit Andreas Tschas (CEO & Co-Founder Glacier), Andreas Kral (Fleet Manager SODEXO Service Solutions), Paul Leitenmüller (CEO Opinion Leaders Network und Alfred Wurmbrand (CEO Würth).

“Mobilität ist ein besonders greifbares Thema der Nachhaltigkeit. Deshalb gibt es dabei viel Potenzial für Veränderung im Unternehmenskontext.”

Andreas Tschas

Schnell zeigte sich: Das Ziel ist klar – der Weg dorthin aber teilweise gespickt mit Herausforderungen. Auch weil die Klimakrise in Zeiten von Pandemie und der noch nicht abgeschlossenen Digitalisierung gelöst werden will. Andreas Tschas: „Wir befinden uns noch in der letzten Phase der digitalen Transformation und die nächste hat schon begonnen. Der Unterschied ist dieses Mal: In Richtung Nachhaltigkeit wollen viele Mitarbeiter*innen dabei sein. Gerade die Mobilität ist ein besonders greifbares Thema und eine wichtige Projektionsfläche für das Employer Branding.“ Dies könne Tschas aus eigener Erfahrung bestätigen, da im Rahmen der „Glacier Climate Academy“ oft nachgefragt werde, welche Best Practice Beispiele es in diesem Bereich gäbe. Das zeige eindeutig, dass „am Ende des Tages alle Unternehmen vor den gleichen Problemen stehen“, so Tschas.

“Die Stimmung für E-Mobilität ist gut, weil die Rahmenbedingungen sehr gut passen.”

Andreas Kral

Vorangehen und motivieren

Dass die Mitarbeiter den Antriebswechsel mittragen, kann auch Fuhrpark-Profi Andreas Kral bestätigen: „Gerade beim Umstieg auf den emissionsfreien Antrieb passen die aktuellen Rahmenbedingungen – kein Sachbezug, attraktive Förderungen, keine NoVA oder Versicherungssteuer.“ Die allgemeine Stimmung sei also „nicht das Problem“, viel mehr würden Einzelthemen noch hin und wieder für Kopfzerbrechen sorgen, wie Kral erklärt: „Vor allem Unklarheiten beim Laden, der Autoauswahl und bei den gesetzlichen Rahmenbedingungen bremsen aktuell den weiteren Hochlauf der E-Mobilität.“

“Alle, die ein E-Auto als Dienstauto haben wollen, müssen es vorher eine Woche lang im Alltag testen. Da zeigt sich dann auch schnell, das Ladethema ist eine Mischung aus Mythos und Herausforderung – wobei der Mythos mittlerweile überwiegt.”

Alfred Wurmbrand

Unklarheiten lassen sich bekanntlich mit Information und Orientierung beseitigen. Und Unsicherheiten lösen sich auf, wenn etwa der Chef mit gutem Beispiel vorangeht und nichts von den Mitarbeitern verlangt, was er nicht auch selbst getestet hat. Letzteres definiert den Zugang zum Thema E-Mobilität bei Würth, wie CEO Alfred Wurmbrand klarstellt: „Wir haben bei 1.000 Mitarbeitenden über 500 Dienstfahrzeuge, weil unsere Kundinnen und Kunden uns vor Ort sehen wollen. Und das geht nur mit Individualmobilität. Deshalb fördern wir die E-Mobilität im Betrieb, fordern aber nichts von unseren Verkaufskräften, was wir nicht selbst ausprobiert haben. Das startet den Dialog, ermöglicht einen direkten Austausch und damit auch die persönliche Überzeugung der interessierten Mitarbeitenden.“

Selbstgemachte Erfahrung sind der stärkste Überzeugungstäter, ein Dialog auf Augenhöhe das Quäntchen, das es zur Entscheidung vielfach braucht, weshalb Würth bei der Implementierung von E-Fahrzeugen einen Schritt weiter geht, so Alfred Wurmbrand: “Alle, die ein E-Auto als Dienstauto haben wollen, müssen es vorher eine Woche lang im Alltag testen. Da zeigt sich dann auch schnell, das Ladethema ist eine Mischung aus Mythos und Herausforderung – wobei der Mythos mittlerweile überwiegt. Außerdem kann die Ladeweile auch produktiv genutzt werden – zumindest haben wir seit der Umstellung keinen Produktivitätsverlust bemerkt.“

“Die besten Köpfe kommen nur dann, wenn die Firma das Thema Nachhaltigkeit authentisch und echt angeht.”

Paul Leitenmüller

Authentisch und echt dem Thema widmen

Die Vorbildwirkung sei ein starkes Werkzeug, wie Paul Leitenmüller, CEO Opinion Leader Network, aus eigener Erfahrung bestätigt: „Elektromobilität ist cool – und sie hat einen sozialen Impact. Wenn man im E-Auto vorfährt, dann finden das die Leute lässig.“ Es zeige dem Gegenüber, dass man was für die Energie- und Mobilitätswende tut und dann kämen ganz automatisch die Fragen. Dieser Dialog-Moment wiederum sei „vor allem ein wichtiger Faktor für das Image und Employer Branding. Denn die besten Köpfe kommen nur dann, wenn die Firma das Thema Nachhaltigkeit authentisch und echt angeht“, so Leitenmüller. Die Transformation in Richtung Nachhaltigkeit dürfe deshalb auch nicht beim E-Auto aufhören, sondern „sie muss dort beginnen und weitergedacht werden.“

Andreas Tschas konkretisiert den Prozess noch weiter: um den Wandel voranzutreiben brauche es auch Entscheidungsgewalt: „Sustainability Manager waren in der Vergangenheit häufig zahnlose Stellen, doch langsam wird die Nachhaltigkeitsabteilung immer mehr zur zentralen Koordinationsstelle für die Transformation. Häufig gemeinsam mit der HR – weil sich die Anliegen der Mitarbeiter dort bündeln.“ Dies sei insofern völlig logisch, weil die Mitarbeitenden auch die Treiber seien: „Ich beobachte, dass das Thema Nachhaltigkeit von immer mehr Mitarbeiter:innen als wichtig empfunden wird.“ Ganz nach dem Credo: „Every job will be a climate job“ betreffe das „jede Branche, jede Stelle und jeden Bereich in einem Unternehmen“. 

Individuelle Wünsche & Common Sense

Doch so unterschiedlich die Menschen sind, so unterschiedlich sind auch die Firmen. Als Fuhrparkmanager muss man deshalb genau hinhören und sich in andere hineinfühlen, wie Andreas Kral erklärt: „Nicht für jeden ist das gleiche Modell und die gleiche Marke in gleichem Maße ansprechend. Die Wünsche an das Fahrzeug sind höchst individuell.“ Common Sense unter den Firmen hingegen ist mittlerweile das Auslagern, wie Kral zusammenfasst: „78 % der Unternehmen lagern die Finanzierung und das Management der Firmenfahrzeuge aus, weil sie damit im Alltag nichts zu tun haben möchten und die Abwicklung und das Management den Profis überlassen wollen.“ Wobei der Wunsch nach Mobilität in Zeiten von Chip-Krise und Kabelbaum-Engpässen derzeit ohnehin das brennendste Thema sei: „Aktuell ist man als Fuhrparkbetreiber froh, wenn man überhaupt ein Auto bekommt. Schlechte Verfügbarkeit und lange Lieferzeiten** sind ein riesengroßes Thema.“

Christian Clerici und Audi von vibe

*Christian Clerici ist Head of Content & Creation bei vibe moves you und beschäftigt sich als Transformationsenthusiast und Mobilitätsexperte vorrangig mit dem Wandel im Energiesektor und auf der Strasse: “Die Einheit für Wandel und Transformation ist Augenhöhe – Zukunft muss zur Gestaltung einladen. Deshalb brauchen wir die wirklich guten Geschichten rund um den Wandel und sollten sie möglichst humorvoll und lustbetont zu erzählen.”

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